Deep Dive #1 - 18. Juni 2025
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Technischer Überblick und Vergleich moderner Installationssysteme für Ladeinfrastruktur in Tiefgaragen.
Lesezeit: 12 min
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Im Detail
Installationsaufwand im Fokus: Warum herkömmliche Verkabelungssysteme an ihre Grenzen stoßen
Um E-Autos massentauglich zu machen, ist die Ladeinfrastruktur an den Orten, wo sie die meiste Zeit stehen, essenziell (Stichwort: Destination Charging).
Einer der zentralen „Destinations“ sind Tiefgaragen – insbesondere in Mehrparteienhäusern, Wohnanlagen und Gewerbeimmobilien.
Doch die Installation ist komplex: Enge Platzverhältnisse, hohe Anforderungen an Flexibilität und Skalierbarkeit sowie komplizierte Planungsphasen machen den Aufbau zur Herausforderung.
Ein weiterer Engpass: Installationskapazitäten. Laut ZVEH fehlen im E-Handwerk über 85.000 Fachkräfte. Diese Kapazitäten werden zusätzlich durch den parallelen Ausbau von PV-Anlagen und Wärmepumpen beansprucht.
Gleichzeitig liegen die Kosten nur für die Vorrüstung eines Ladepunkts bei durchschnittlich 1.800 € – ohne Wallbox (Quelle: the charging project). Dies ist bei der starken Preissensibilität der Kunden und der noch niedrigen „Takerate“ (Anteil der Stellplätze, die eine Wallbox benötigen) zu teuer.
Die typischen Hürden:
Hohe Vorinstallationskosten
Lange Vertriebszyklen aufgrund vieler Entscheider und niedriger Takerate (Durchdringungsrate von Elektroautos, bspw.: 2 von 20 Parkplätzen besitzen ein Elektroauto – Takerate = 10 %)
Enge Platzverhältnisse und komplizierte Garagentopologien
Hoher Installations- und Planungsaufwand
Mit der Auswahl adäquater Lade- und Installationshardware können Lösungsanbieter, Installateure und Betreiber viele dieser Hürden meistern.
Ein Überblick über die verschiedenen Installationssysteme für die Tiefgarage soll die Auswahl erleichtern.
Herstellerabhängiges Daisy-Chain - proprietäre Lösungen mit kritischen Einschränkungen
Einige Wallbox-Hersteller bieten sogenannte Daisy-Chain-Systeme an, bei denen mehrere Ladepunkte hintereinander geschaltet werden können. Diese Systeme erscheinen zunächst attraktiv, da sie eine vereinfachte Verkabelung und geringe Installationszeiten versprechen. Allerdings handelt es sich häufig um proprietäre Lösungen, die ausschließlich innerhalb der jeweiligen Produktwelt funktionieren.
Aufbau
Es wird von Wallbox zu Wallbox ein Energie- und ein Kommunikationskabel verlegt und angeschlossen, wodurch eine sogenannte Daisy-Chain entsteht. Die Wallboxen müssen dafür einen speziellen Klemmblock enthalten, um das Weiterschleifen des Kabels zu ermöglichen, und außerdem zwei Ethernet-Ports, um das Weiterschleifen der Ethernet-Leitung zu ermöglichen. Darüber hinaus muss in der Wallbox die vollständige Sicherheitstechnik integriert sein (FI-Schalter, LS-Schalter, Überspannungsschutz), um eine normkonforme Installation zu gewährleisten.
Vorteile
Der Installationsaufwand ist gering, wodurch Materialkosten und Installationszeit eingespart werden
Probleme
Abhängigkeit von einem Wallbox-Hersteller – durch die proprietäre Lösung birgt dies ein Zukunftsrisiko, falls der Hersteller künftig nicht mehr am Markt agieren sollte oder das Wallbox-Modell nicht mehr verfügbar ist.
Daisy-Chain der Kommunikation von Wallbox zu Wallbox hat den großen Nachteil, dass bei Ausfall oder Fehler einer Wallbox in der Reihe der Rest der Wallboxen „dahinter“ nicht mehr funktioniert
Kunde ist gezwungen, Parkplätze nacheinander auszubauen, was die Vorrüstung in Wohnungseigentümergemeinschaften und Mehrfamilienhäusern, in denen eine Parkplatzbindung besteht, sehr erschwert, da ein parkplatzunabhängiger Roll-Out erforderlich ist
T-FLX – eine Kombination der Vorteile bestehender Lösungen – perfekt auf den sukzessiven Roll-out der Ladeinfrastruktur zugeschnitten
Mit der T-FLX Box wird die Ladeinfrastruktur in Tiefgaragen neu gedacht. Das System kombiniert Energie- und Kommunikationsverteilung in einem einheitlichen, herstellerunabhängigen System und vereint damit die Vorteile bestehender Lösungen durch Spezialisierung auf Ladeinfrastruktur.
Aufbau
Aus der Zähleranschlusssäule wird eine 16 mm²-NYM/NYY-Leitung (Standardmaterial) entlang der Parkplätze installiert. Über einem Parkplatz, an dem eine Wallbox installiert werden soll, wird oberhalb – an der Wand oder unter der Decke – eine T-FLX Box installiert und daran dann die Wallbox. Die T-FLX Box integriert alle sicherheitsrelevanten Komponenten für eine normkonforme Absicherung (FI-Schalter, LS-Schalter, Überspannungsschutz) und ein Powerline-Communication-Modem, um die Kommunikation der Wallbox direkt über die Energiehauptleitung zu realisieren. Somit hat die T-FLX Box eine Energie- und eine Ethernet-Schnittstelle für die Wallbox.
An einer Hauptleitung können bis zu 20 Ladepunkte installiert werden – je nach verfügbarer Leistung und dem gewünschten Gleichzeitigkeitsfaktor.
Die T-FLX Box ist so entwickelt, dass man sie im Nachhinein an einer bereits installierten Leitung installieren kann (Retrofit), sodass die Vorinstallation aus einer Standardleitung entlang der Parkplätze besteht.
Um die Verbindung zum Internet zu gewährleisten, muss eine beliebige T-FLX Box mit einem 4G-Modem verbunden werden. Dafür ist in jeder T-FLX Box ein zweiter Ethernet-Port vorgesehen, sodass immer der kürzeste Weg zum 4G-Modem verwendet werden kann.
Vorteile
Durch die Flexibilität des 16 mm²-Rundleiters passt das System in jede Tiefgarage – unabhängig von Unterzügen, Säulen, Abwasserrohren oder Belüftungsanlagen. Sogar ein Sprung von der Wand auf die Decke ist innerhalb eines Stranges problemlos möglich. Das reduziert sowohl den Installations- als auch den Planungsaufwand erheblich.
Die Verwendung von Standardmaterialien führt dazu, dass kein bzw. kaum Schulungsbedarf besteht.
Die geringsten Vorinstallationskosten, die im Markt aktuell möglich sind – essenziell für den sukzessiven Roll-out.
Herstellerunabhängigkeit bei Wallbox und Lastmanagement ermöglicht eine zukunftssichere und nachhaltige Lösung.
Parkplatzunabhängige Elektrifizierung – in Wohnungseigentümergemeinschaften und Mehrfamilienhäusern, wo eine Parkplatzbindung besteht, besonders wichtig.
Probleme
Bei Bedarf eines sehr hohen Gleichzeitigkeitsfaktors, in Use-Cases wie bspw. „Zwischendurchladen“, hat das System aufgrund der Stromtragfähigkeit Einschränkungen.